Selen gleich Selen?
Wie die Nahrungsmittelindustrie eine bedenkliche Abkürzung mit unabsehbaren Folgen für Mensch und Tier in Kauf nimmt.
Unabhängig von der kontroversen Diskussionen, ob die Tiere vermehrt unter einem Selenmangel oder einer Selenvergiftung leiden, möchte ich hier auf mögliche Risiken der künstlichen Selenversorgung eingehen.
Eine der meist verfütterten Selenquellen der Futtermittelhersteller, ist das ursprüngliche Rotfärbemittel für Glas und Porzellan – Natriumselenit (Na2SeO3). Schaut man sich das chemische Sicherheits-Datenblatt für diese anorganische Verbindung an, findet man Eigenschaften wie:
- sehr giftig beim Verschlucken
- sehr giftig beim Einatmen
- Umweltgefährlich
- Sensibilisierung bei Hautkontakt
Einwenden könnte man, dass die Dosis das Gift mache. Das stimmt soweit, wenn man die tägliche Bedarfsmenge für Selen kennen würde, so ist es aber nicht. siehe Artikel “Selen – Mangel oder Vergiftung?”
Der natürliche Ablauf der Selenaufnahme
In der Natur wird Selen von Pflanzen als Selensalz aufgenommen, umgewandelt und als Selenprotein (Selenmethionin) eingespeichert. Pflanzenfresser nehmen diese Selenproteine sehr gut auf. Das Selen ist aber nicht sofort für den Organismus verfügbar, es wird über verschiedene Stoffwechselfunktionen letztendlich im Dünndarm zu Selenit umgewandelt und über die Schleimhaut resorbiert. Hierbei ist zu beachten, dass die Freisetzung des in der Muskulatur gespeicherten Selenmethionins keinem geregelten Bedarfskreislauf unterliegt, sondern einem individuellen Methionumsatz. Alleine dieser Umstand macht einen festgelegten Selenbedarf unmöglich.
Dies ist aber wohl auch einer der Gründe (neben der billigeren Produktion), weshalb die Nahrungsmittelindustrie fast ausschließlich Natriumselenit verarbeitet.
Zuviel des “Guten”
Natriumselenit ist hoch bioverfügbar und überschwemmt den Körper mit großen Mengen Selen, die er nicht erst umwandeln muss, um es zu verwerten. Aber es gibt keine adäquaten Regulierungsmechanismen, die mit diesen Mehr an Selen fertig werden, es ist von der Natur nicht vorgesehen. Einige Hersteller von Natriumselenit verweisen darauf, dass man Selen nicht überdosieren kann – Dies ist schlicht falsch!
Die Selenresorption unterliegt keiner Regulierung über den Selengehalt im Körper, d.h. alles was da ist, wird erst einmal aufgenommen. Erst im Körper wird einem Zuviel über eine erhöhte Rate des Harnabgangs entgegengewirkt. Das Fehlen einer Resorptionskontrolle führt bei erhöhter Selenzufuhr zu einer höheren Selenaufnahme des Organismus und gegebenenfalls zu toxischen Konzentrationen.
Hinzukommt, daß diese Selenmengen nicht über den Tag verteilt aufgenommen werden und es alleine hierdurch zu toxischen Spitzenbelastungen kommen kann – tagein tagaus.
Dosierungsempfehlungen im toxischen Bereich
Ein großer Futtermittelhersteller gibt Empfehlungen im Bereich von 1,5 mg für Großpferde – bis 2,3 mg für trächtige Stuten. Das BfR (Bundesinstitut für Risikobewertung) gibt für Menschen die Empfehlung heraus, nicht mehr als 0,03 mg Natriumselenit zu sich zu nehmen. Würde man das gewichtsproportional auf ein Großpferd hochrechnen, wäre man bei einem 700 kg Pferd bei
0,3 mg am Tag!
Natriumselenit ist Plazentadurchgängig!
Einige Symptome einer Selenose – Selenvergiftung sind plötzlicher Fohlentod und Hufmissbildungen.
Eigene Erfahrungen
Unsere zwei Pferde unterschiedlicher Geschlechter und Rassen bekommen seit Jahren nur Heu, Weide und ein natürliches Mineralfutter aus Kräutern, Rinden, Wurzeln und Gemüse. Würde man hier die Futterempfehlungen für Selen zu Grunde legen, gelten sie sicherlich als schwer unterversorgt! Jedoch sind sie wohlgenährt und kerngesund.